Die Halswirbelsäule ist ein bemerkenswerter, aber auch höchst anfälliger Teil unseres Körpers. Das sehen wir jeden Tag in unserer Praxis für Integrative Medizin von Dr. Alexander Hammouda. In diesem Beitrag möchten wir Ihnen erklären, warum Probleme an der Halswirbelsäule nicht zwangsweise als Schmerz wahrgenommen werden müssen – und dennoch zu vielen unterschiedlichen Beschwerden im Körper führen können. Vor allem dem Thema Stress, ausgelöst durch Beschwerden an der Halswirbelsäule, kommt hier große Bedeutung zu. Migräne, Allergien, chronische Erschöpfung, Schwindel, Herzprobleme, Infektanfälligkeit – das und noch vieles mehr hat nicht selten seine Ursache im Nacken. Lesen Sie warum!
Hals und Halswirbelsäule – Knotenpunkt zwischen Hirn und Körper
Die Halswirbelsäule ist der Knotenpunkt der Kommunikation zwischen Kopf und Körper. Verengungen, Störungen, Stress an dieser Stelle bekommen dem Menschen gar nicht gut. Denn unzählige Blutgefäße sind hier für die Ver- und Entsorgung des Gehirns verantwortlich. Auch die Nerven müssen über die Halswirbelsäule ihren Weg aus unserem Schädel in den Körper und wieder zurück zum Gehirn finden. Diese wichtigen Leitbahnen sind zudem schützend in das Halsgewebe eingebettet. Daneben gelangen lebenswichtige Luft und Nahrung über den Hals bzw. die Speise- und die Luftröhre in den Körper. Auch die Stimme mit Kehlkopf und Zungenmuskulatur findet sich im Hals ebenso wie die Schilddrüse. Da kann es schon mal eng werden.

Halswirbelsäule – Systeme dicht an dicht
Obendrein balanciert unsere Halswirbelsäule den beim Erwachsenen bis zu 6 kg schweren Kopf. Dennoch muss der Hals schmal und flexibel bleiben, damit der Mensch die Welt um sich herum mit Augen, Nase und Ohren gut wahrnehmen kann. Dieses Zusammenspiel von Beweglichkeit und Schutz macht die Halswirbelsäule zu einem immens wichtigen, aber auch sehr empfindlichen Teil unseres Körpers. In diesem ausgeklügelten System, mit all seinen anatomischen Engstellen, müssen die einzelnen Systeme dicht an dicht harmonieren. Kommt diese Harmonie aus dem Gleichgewicht, kann sich das auf den gesamten Körper auswirken.
Die instabile Halswirbelsäule als Krankheitsgenerator
Ein Schleudertrauma, die Zangen- bzw. Saugglockengeburt oder der Sturz eines Kindes vom Wickeltisch können massive Krafteinwirkungen auf die empfindliche Halswirbelsäule darstellen. Ist der Hals durch ein solches Ereignis instabil geworden, können sich die Halswirbel gegeneinander bewegen. Sie beginnen – häufig schmerzlos – auf umliegende Nerven und Blutgefäße zu drücken und beeinträchtigen damit deren Funktion. Allerdings braucht es gar kein massives Trauma, um den Hals zu schädigen. Auch die dauerhaft schlechte Haltung vor dem Computer oder der gebeugte Blick ins Mobiltelefon können eine konstante Fehlbelastung im Alltag darstellen. Dadurch kommt es zu falschen Reizen der Nerven im Halsbereich, die den Stoffwechsel beeinflussen und Stress erzeugen. Es werden Prozesse im Körper in Gang gesetzt, die der Gesundheit schaden und die wir uns nicht wünschen.

Wenn einem der Alltag im Nacken sitzt
Die knöchernen Strukturen der Halswirbelsäule müssen gar nicht ursächlich für Probleme an der Halswirbelsäule sein. Andere Ursachen können beispielsweise eine vergrößerte Schilddrüse, Schluckbeschwerden, Zahnschmerzen/Zahnwurzelbehandlungen, Kiefergelenkprobleme, nächtliches Knirschen oder auch Stress im Job sein. All dies kann dazu führen, dass wir unsere Halsmuskulatur anspannen und es zu deutlichen Verspannungen und Verengungen in der Halswirbelsäule und im Schulter-Nacken-Bereich kommt.
Ein verspannter Nacken? Den kennt vermutlich jeder. Was die wenigsten auf dem Schirm haben, ist, dass solche Verspannungen zu Platzmangel für unsere wichtigen Leitungsbahnen führen. Mit fatalen Folgen für unser gesamtes Körpersystem.
Halswirbelsäule und Stress
Der Vagusnerv ist einer der großen Hirnnerven. Er gilt als wichtigster Akteur des Parasympathikus und ist für die Aufrechterhaltung der ordnungsgemäßen Funktion einer Vielzahl von Prozessen im Körper zuständig (siehe Abb.)
So steuert er z.B. unsere Entspannung, die Verdauung sowie die Atem- und Herzfrequenz. Doch damit nicht genug: Er reguliert zudem die Produktion von Magensäure und die Freisetzung von Verdauungsenzymen. Außerdem liefert der Vagusnerv sensorische Informationen von den Organen in Brust und Bauch an das Gehirn, einschließlich Informationen über Hunger, Völlegefühl und andere Empfindungen. Funktionsstörungen des Vagusnervs können zu einer Vielzahl von Symptomen und Gesundheitsproblemen führen, darunter Verdauungsschwierigkeiten, Herzfrequenzanomalien, Atemprobleme und vermindertes Gefühl in Brust und Bauch.

Vagusnerv unter Druck
Ist der Vagusnerv bei einer Einschränkung der Halswirbelsäule eingeengt, kann der „Entspannungsnerv“ seiner eigentlichen Arbeit nicht mehr nachgehen. Das Resultat kann sich in chronischem Stress, Verdauungsbeschwerden und somit auch auf unser Darmmikrobiom auswirken. Ein gesundes und intaktes Darmmikrobiom wird in der medizinischen Forschung als grundlegend für ein funktionierendes Immunsystem erachtet. Somit behindert ein lädierter Vagus unseren funktionierenden Immunstatus.
Liegt zudem eine chronische Entzündung in der Halswirbelsäule vor, gewinnt der Sympathikus, der Nerv der Stress und Nervosität im Körper verursacht, die Oberhand – zu Ungunsten des Vagusnervs. Was diesen Teufelskreis noch weiter befeuert. Daraus resultieren diverse latente Entzündungs- und Stressreaktionen im gesamten Körper, welche einen maßgeblich negativen Einfluss auf unsere Gesundheit und ein Hindernis für die natürliche Regeneration des Körpers darstellen.
Beeinträchtigung der Nerven in der Halswirbelsäule
Neben Nerven des vegetativen Nervensystems müssen auch solche Nerven, welche die Muskeln unserer Arme und Hände versorgen, möglichst hindernisfrei durch die Halswirbelsäule verlaufen können. Bei Beeinträchtigung dieser Nervenlaufbahnen durch Verengungen in der Halswirbelsäule können Muskelschwächen in Armen und Hände auftreten. Außerdem können „eingeklemmte“ sensible Nervenfasern taube Hände und Finger verursachen.

Das unterversorgte Gehirn
Knöcherne Hindernisse und Fehlstellungen von Halswirbeln, sowie Muskelhartspann in der Nacken- und Halsmuskulatur können zu einer Abklemmung und damit zu einer Minderversorgung des Gehirns mit Sauerstoff führen. Das ist schlecht, denn das Gehirn – als die Schaltzentrale des Körpers – verbraucht am meisten Energie und es ist das am stärksten mit Blut und Sauerstoff versorgte Organ unseres Körpers.
Herrscht hier Sauerstoffknappheit kann sich dies in verschiedensten unspezifischen Symptomen wie chronischer Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Brain Fog, Konzentrationsschwierigkeiten, Schwindel und auch depressiven Verstimmungen zeigen. Wobei an der Ursache eigentlichen Ursache – der Halswirbelsäule – häufig vorbeibehandelt wird.
Die Halswirbelsäule in der Osteopathie
In Zeiten sitzender Büroarbeit, Bewegungsmangel, beruflichem Stress, übermäßiger Bildschirmzeiten und auch rasanter werdenden Sportarten ist unsere Halswirbelsäule Belastungen ausgesetzt, für die sie nicht ausgelegt ist. Wer von Ihnen klagt nicht über Verspannungen? Wobei der eigentliche Verspannungsschmerz noch das geringste Übel ist.
Hier kommt in unserer Praxis die osteopathische Therapie der Halswirbelsäule ins Spiel. Die Osteopathie zielt darauf ab, mittels sanfter manueller Behandlungen der Halswirbelsäule eine Linderung der Schmerzen zu bewirken, Blockaden aufzulösen und zur Prophylaxe von Folgeerscheinungen beizutragen. Wichtig: Es geht dabei nicht darum, Ihre Wirbel „einzurenken“ und zum Knacken zu bringen. An dieser empfindlichen Stelle des Körpers kommt es vielmehr darauf an, höchst sensibel die natürlichen Funktions- und Regulationsmechanismen wieder in Balance zu bringen.

Unser Fokus in der Osteopathie liegt darauf, die natürlichen Bewegungen und Funktionen des Körpers wiederherzustellen, indem wir Blockaden oder Spannungen lösen und den Körper zur Selbstregeneration anregen.
In unserem ganzheitlichen, energetischen Ansatz der Osteopathie betrachten wir die Halswirbelsäule nicht nur als die Stütze des Kopfs. Wir erkennen und berücksichtigen in unseren ganzheitlichen und ursachenorientierten Therapiekonzepten vielmehr ihren weitreichenden Einfluss auf den gesamten Organismus. In unserer Praxis ebenso wie in der Osteopathie behandeln wir nicht nur Symptome, sondern wir gehen den Ursachen auf den Grund. Und die liegen eben häufig auch im Bereich der Halswirbelsäule. Die Osteopathie zielt somit nicht nur darauf ab, akute Nackenschmerzen zu lindern, sondern Ursachen aufzuspüren und somit zu langfristiger Gesundheit beizutragen.
Beitragsbilder
istockphoto.com
- Mann mit Nackenschmerzen | credits @ peepo
- Frau mit Nackenschmerzen | credits @ Pekic
- Anatomie des Körpers | credits @ angelhell
- sympathisches und paarsympathisches Nervensystem | credits@ medicalstocks